Grundlagen des Vergaberechts
Das Bundesvergabegesetz 2018 regelt die Vergabe von öffentlichen Aufträgen in Österreich.
Die Grundsätze des Vergaberechts sind ein freier und lauterer Wettbewerb, die Beachtung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten, ein Diskriminierungsverbot sowie ein Gleichbehandlungs- und Transparenzgebot. Außerdem muss die Vergabe an befugte, zuverlässige und leistungsfähige Unternehmer zu angemessenen Preisen erfolgen. Ebenfalls ist auf die Umweltgerechtigkeit der Leistung Bedacht zu nehmen.
Es kann auf die Beschäftigung von Frauen, von Personen im Ausbildungsverhältnis, von Langzeitarbeitslosen, von Menschen mit Behinderung und älteren Arbeitnehmern sowie auf Maßnahmen zur Umsetzung sonstiger sozialpolitischer Belange Bedacht genommen werden. Bei der Konzeption und Durchführung eines Vergabeverfahrens soll auch darauf geachtet werden, dass KMU am Vergabeverfahren teilnehmen können.
Die Bestimmungen eines Vergabeverfahrens dürfen nicht den Zweck verfolgen, das Vergabeverfahren vom Anwendungsbereich des Bundesvergabegesetzes auszunehmen oder die Anwendung der Vorschriften des Bundesvergabegesetzes zu umgehen oder den Wettbewerb künstlich einzuschränken.
Schwellenwerte für öffentliche Auftragsvergaben
- Bauaufträge (gelten sowohl im klassischen Bereich als auch im Sektorenbereich) ab 01.01.2024: EUR 5.538.000
- Dienstleistungs- und Lieferaufträge zentraler öffentlicher Auftraggeber (z.B. BKA, Bundesministerien, BBG, BRZ) ab 01.01.2024: EUR 143.000
- Dienstleistungs- und Lieferaufträge sonstiger öffentlicher Auftraggeber ab 01.01.2024: EUR 221.000
- Dienstleistungs- und Lieferaufträge im Sektorenbereich ab 01.01.2024: EUR 443.000
- Bau- und Dienstleistungskonzessionen ab 01.01.2024: EUR 5.538.000
Liste der zentralen öffentlichen Auftraggeber
- Bundeskanzleramt
- Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport
- Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten
- Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft
- Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung
- Bundesministerium für Finanzen
- Bundesministerium für Inneres
- Bundesministerium für Justiz
- Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
- Bundesministerium für Landesverteidigung
- Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft
- Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
- AIT Austrian Institute of Technology GmbH
- Bundesbeschaffung Ges. m. b. H.
- Bundesrechenzentrum Ges. m. b. H.
Unabhängig vom Schwellenwert der EU-Richtlinie gibt es im Gesetz diverse weitere Wertgrenzen, die für die Wahl besonderer Verfahrensarten relevant sind.
Die bekannteste ist die Direktvergabegrenze. Unterhalb dieser Wertschwelle können Aufträge ohne formelles Vergabeverfahren vergeben werden. Durch die Schwellenwerteverordnung wurde diese Grenze bis 31.12.2025 auf EUR 100.000 angehoben. Mehr Informationen finden Sie hier.
Die Berechnung des geschätzten Auftragswertes bezieht sich immer auf den Gesamtwert ohne Umsatzsteuer, jedoch inklusive aller Optionen und Vertragsverlängerungen. Allenfalls sind etwaige Prämien oder Zahlungen an Bewerber oder Bieter zu berücksichtigen, die bereits während des Vergabeverfahrens oder Wettbewerbs anfallen. Maßgeblich für die Schätzung ist der Zeitpunkt, an dem das Vergabeverfahren eingeleitet wurde.
Besteht der Auftraggeber aus mehreren eigenständigen Organisationseinheiten, so ist der geschätzte Auftragswert für alle Organisationseinheiten zu berücksichtigen – außer die betreffende Einheit ist selbstständig für ihre Auftragsvergaben oder bestimmte Kategorien von Auftragsvergaben zuständig. Daher sind die Vergaben verschiedener Bundesministerien nicht zusammenzuzählen, obwohl es sich formal um Organisationseinheiten eines gemeinsamen Rechtsträgers (Bund) handelt.
Die Wahl der angewandten Berechnungsmethode darf nicht den Zweck verfolgen, die Anwendung des Bundesvergabegesetzes zu umgehen. Ohne sachliche Gründe darf ein Auftrag nicht so unterteilt werden, dass er unter der Oberschwelle bleibt.
Besteht eine Dienstleistung aus mehreren Losen, für die jeweils ein gesonderter Auftrag vergeben wird, so ist als geschätzter Auftragswert der geschätzte Gesamtwert aller Lose anzusetzen. Entgegen dem Bundesvergabegesetz 2006 sind nunmehr alle und nicht nur gleichartige Dienstleistungen (im Gegensatz zu Lieferleistungen) eines Beschaffungsvorhabens zusammenzurechnen.
Maßgebend sind wirtschaftliche oder technische Gesichtspunkte wie zum Beispiel die Notwendigkeit einer einheitlichen Ausführung und einer eindeutigen Gewährleistung. Eine Umgehung des Bundesvergabegesetzes durch Trennung von Leistungen sowie eine Aufteilung der ausgeschriebenen Gesamtleistung sind unzulässig.
Die Beschränkung, dass ein Bieter nur für eine bestimmte Höchstzahl von Losen den Zuschlag erhalten kann, ist nunmehr zulässig. Der Auftraggeber hat in der Ausschreibung oder im Vergabevermerk zu dokumentieren, falls kein Los vergeben wurde.
Das Vergaberecht kennt mehrere Verfahrensarten.
Die Standardverfahren, die immer gewählt werden dürfen, sind:
- das offene Verfahren, bei dem eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmern öffentlich zur Abgabe von Angeboten aufgefordert wird,
- das nicht offene Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung, bei dem eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmern öffentlich zur Abgabe von Teilnahmeanträgen aufgefordert wird und danach ausgewählte geeignete Bewerber aufgefordert werden, Angebote abzugeben.
Darüber hinaus gibt es eine Reihe von besonderen Verfahren, die nur unter bestimmten Voraussetzungen gewählt werden dürfen:
- das nicht offene Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung, bei dem eine beschränkte Anzahl von geeigneten Unternehmern aufgefordert wird, Angebote abzugeben,
- das Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung, bei dem eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmern öffentlich aufgefordert wird, Teilnahmeanträge abzugeben. Erst danach werden ausgewählte geeignete Bewerber zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Bei diesem Verfahren kann der Auftragsinhalt verhandelt werden.
- das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung, bei dem eine beschränkte Anzahl von geeigneten Unternehmern aufgefordert wird, Angebote abzugeben. Bei diesem Verfahren kann der Auftragsinhalt verhandelt werden.
- der wettbewerbliche Dialog, bei dem eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmern öffentlich aufgefordert wird, Teilnahmeanträge abzugeben. Danach wählt der Auftraggeber geeignete Bewerber aus, um mit ihnen einen Dialog über alle Aspekte des Auftrages zu führen. Ziel des Dialogs ist es, eine Lösung zu ermitteln, die der Ausschreibung entspricht. Auf Grundlage des Dialogs werden die Teilnehmer aufgefordert, ein Angebot abzugeben.
- Die Innovationspartnerschaft, bei der eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmern öffentlich aufgefordert wird, Teilnahmeanträge abzugeben. Auf Basis der Teilnahmeanträge werden geeignete Bewerber aufgefordert, Angebote zur Entwicklung einer innovativen Ware, Bau- oder Dienstleistung abzugeben. Bei diesem Verfahren kann der Auftragsinhalt verhandelt werden. Der Auftrag beinhaltet die Entwicklung und den Erwerb innovativer Leistungen.
- die Direktvergabe, bei der eine Leistung, gegebenenfalls nach Einholung von Angeboten oder unverbindlichen Preisauskünften, formfrei von einem ausgewählten geeigneten Unternehmer gegen Entgelt bezogen wird,
- die Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung, bei der eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmern darüber informiert wird, dass die Vergabe eines Auftrages beabsichtigt wird. Nachdem ein oder mehrere Angebote eingeholt wurden, kann eine Leistung formfrei von einem ausgewählten geeigneten Unternehmer gegen Entgelt bezogen werden.
Neben Verträgen können auch Rahmenvereinbarungen abgeschlossen oder dynamische Beschaffungssysteme eingerichtet werden. Dabei handelt es sich um besondere Konstruktionen des Vergaberechts. Auf Basis dieser Instrumente können dann Einzelaufträge vergeben werden, ohne dass ein (neuerliches) reguläres Vergabeverfahren durchgeführt werden muss.
Seit 18.10.2018 hat im Oberschwellenbereich die Kommunikation zwischen Auftraggeber und Unternehmer grundsätzlich elektronisch zu erfolgen. Das heißt, dass die Kommunikation von der Bekanntmachung bis zur Angebotslegung vollständig elektronisch abzuwickeln ist.
Der Auftraggeber kann Informationen elektronisch übermitteln oder elektronisch bereitstellen. Informationen gelten als bereitgestellt, sobald die Daten für den Empfänger abrufbar sind und er darüber informiert wurde.
Dafür werden entsprechende technische Lösungen benötigt, die den gesetzlichen Ansprüchen genügen – insbesondere hinsichtlich der Sicherheit der Daten.
Monika Krol, Fachbereichsleiterin der Rechtsabteilung BBG
Wir kennen den Markt und wickeln Projekte effizient ab. Vor allem aber ist die Vergaberechtssicherheit der Erfolgsfaktor der BBG.
Für allgemeine Erstauskünfte zum Vergaberecht können Sie sich kostenlos an die Expertinnen und Experten in unserem Vergabekompetenzcenter wenden.
Vergabekompetenzcenter
Mo. – Do.: 9:00 – 15:30 Uhr
Fr.: 9:00 – 13:30 Uhr
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E-Mail: vergabekompetenzcenter(at)bbg.gv.at